Diemardener Dorfgarten
Zahlen sprechen Worte. Ein Bauer ernährt heute bei uns in Deutschland etwa 140 Menschen. Vor hundert Jahren waren die meisten Bewohner auf den Dörfern noch Selbstversorger. Das macht deutlich wie sehr sich die Landwirtschaft verändert hat, lässt aber auch erahnen, dass sich das Dorfleben und die Gesellschaft insgesamt gewandelt haben. Drehte sich damals noch fast alles um die Ernährung der Familie, sind heute andere Dinge in den Vordergrund gerückt.
Doch die Landwirtschaft hatte traditionell nicht nur die Aufgabe Lebensmittel zu produzieren; sie war auch Dreh- und Angelpunkt des Dorflebens. Viele Arbeiten wurden gemeinsam durchgeführt, mehrere Betriebe teilten sich Geräte und Maschinen, man traf sich in der Mühle, beim Stellmacher, in der Schmiede, die Tiere wurden auf Gemeinschaftsweiden getrieben, Tagelöhner halfen auf den größeren Betrieben, man feierte zusammen Schlachte- und Erntedankfeste und auch die Kinder hatten schon feste Aufgaben im Alltag. Das alles und die fehlende Mobilität schweißten die Dorfbewohner zusammen. Das Dorf war der Mittelpunkt des Lebens der Menschen in der damaligen Zeit. Doch technischer Fortschritt und Wohlstand lassen das Dorfleben in den Hintergrund rücken. Dorffeste und Vereine verlieren an Bedeutung, die Dörfer werden zunehmend zur Schlafstätte, vor allem in Stadtnähe. Die Veränderung der Gesellschaft geht an vielen Menschen nicht spurlos vorbei. Die Sehnsucht nach Gemeinsamkeit wächst.
Das Dorfleben war immer ein wichtiges Anliegen unserer Familie. Durch unseren Beruf sind wir nach wie vor fest mit Diemarden verwurzelt. Im Frühjahr 2020 haben wir deshalb beschlossen einen Dorfgarten zu gründen. Auf einer Ackerfläche in der Nähe des Dorfes haben wir 35 verschiedene Gemüsearten gepflanzt und gesät und Gerätschaften, Gießwasser sowie gärtnerisches Know-How organisiert. Im ersten Jahr haben spontan 50 Familien aus Diemarden mitgegärtnert, inzwischen sind es 80. Für viele ist es eine Entdeckung der Natur mit ihren Geschenken und Wundern. Für alle ist es ein Ort der seelischen Erholung und eine Bereicherung des sozialen Miteinander geworden.
Gerade in den zwei schwierigen Corona-Jahren fanden viele im Dorfgarten ihren dringend benötigten Ausgleich. Als fast sämtliche Veranstaltungen verboten waren, war der Dorfgarten mit seinen räumlichen Möglichkeiten ein beliebter Treffpunkt für jung und alt. Bei gutem Wetter gab es zu unserer großen Freude regelrechte Pilgerströme in die Natur.
Für uns war das Dorfgartenprojekt auch ein Probelauf für weitere Dorfgemeinschafts-Projekte. Da die Resonanz aus dem Dorf derart überwältigend war, hat uns dies Mut für den Bau eines Seminarraums mit angrenzenden Verarbeitungsräumen gemacht. Mehr unter Unser Dorfprojekt.